Soziale Medien sind mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Welt. Auch die Musikbranche nutzt die Vorteile. Gefahren gibt es trotzdem.
Instagram, Facebook, TikTok, WhatsApp und und und; Die sozialen Medien sind nicht mehr aus unserer Welt und aus unseren Leben wegzudenken. Sie beschäftigen uns nicht nur täglich in unseren Privatleben, sondern sind mittlerweile zu ganzen Geschäftsmodellen geworden: Neben den sogenannten Influencern, die mit Social Media ihren Lebensunterhalt verdienen, setzen auch viele Firmen heutzutage auf die Netzwerke als Vertriebsweg und natürlich für Marketingzwecke. Laut einer Erhebung der Social Media Examiner aus dem Jahr 2018 nutzen 39 % aller Unternehmen weltweit Influencer-Marketing.
Auch in der Musikbranche sind die sozialen Medien mittlerweile ein fester Bestandteil. Musikerinnen und Musiker nutzen ihre Profile, um mit ihren Fans in Kontakt zu stehen, sich nahbar zu machen und um ihre Musik zu promoten. Ein Genre, das besser als jedes andere weiß, Social Media für sich zu nutzen, ist Amapiano. Künstlerinnen und Künstler aus diesem Bereich setzen nicht einmal mehr auf Plattenlabel oder ein Management: Mit Hilfe von Instagram, TikTok und Co nehmen sie alles selbst in die Hand. Sie produzieren Tracks, die komplett auf Social Media ausgelegt sind. Die Songs sind exakt so produziert, dass einzelne Segmente perfekt in die Instagram-Storys der Nutzerinnen und Nutzer passen. Die Stücke sind genau 15 Sekunden lang und übermitteln ein Gefühl und eine Stimmung, die mit den derzeitigen Trends einhergehen. Typisch für Amapiano sind auch Dance-Challenges auf TikTok, mit denen die Nutzerinnen und Nutzer zum Mitmachen angeregt werden und noch einmal mehr Promotion betrieben wird.
In den sozialen Medien erreichen Künstler und Künstlerinnen wie ShaSha, DBN Gogo oder DJ Maphorisa - die hört ihr übrigens auch bei Beats Radio - immer mehr Menschen. Laut einer Erhebung des DataReportal steigt die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer stetig an. Während im Jahr 2012 gerade mal 1,48 Milliarden Menschen weltweit (auch dies ist schon eine beachtliche Summe) ein Profil in einem sozialen Netzwerk hatten, sind es im Jahr 2022 bereits 4,62 Milliarden Menschen - das ist mehr als die Hälfte der kompletten Weltbevölkerung. Die meisten Menschen nutzen Social Media auf täglicher Basis. Im Jahr 2021 fand das Institut Global Consumer Survey bei einer Umfrage heraus, dass 66 % der Menschen täglich WhatsApp und 58 % täglich Instagram nutzen. Gerade mal 10 % der Befragten nutzen soziale Medien nicht auf regelmäßiger Basis.
Klar, Social Media ist toll. Wir können im ständigen Kontakt mit unseren Liebsten stehen, selbst wenn sie weit weg von uns leben. Es gibt die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen oder Menschen, die früher Teil unseres Lebens waren, wieder zu finden. Wir müssen keine Angst mehr vor Langeweile haben: Entertainment befindet sich ständig nur wenige Klicks von uns entfernt. „Über Social Media ist es leichter, Kontakte zu knüpfen, sich zu vernetzen und an Informationen zu kommen“, bestätigt uns auch die Kinder- und Jugendtherapeutin Britta Jochum aus Augsburg.
Wie immer gibt es ein Aber: Vor allem junge Menschen sind leicht beeinflussbar und glauben gerne und schnell, was ihnen auf Social Media Plattformen präsentiert wird. Problem: In den sozialen Medien wird eine perfekte Welt präsentiert. Influencerinnen und Influencer, genauso wie Musikerinnen und Musiker zeigen die schönen, eindrucksvollen Momente in ihrem Leben: einen luxuriösen Lifestyle, immer gute Laune, die perfekten Körper und Menschen. Die traurigen Momente oder Probleme werden unter den Tisch gekehrt und Dehnungsstreifen oder vollkommen natürliche Speckröllchen werden auf Photoshop wegretuschiert. Social Media zeigt vieles, aber nicht das wahre Leben. Laut einer Forschung der Forschungsunit Mscience werden vor allem Menschen zwischen 11 und 15 Jahren von solchen Inhalten hinters Licht geführt und von diesen seem-to-be Darstellungen in jeglicher Form beeinflusst. Die Jugendlichen versuchen ihren Lieblingsinfluencern nachzuahmen.
Photo by Karsten Winegeart on UnsplashDas Zeichen für ein Like auf Instagram
All diese Komponenten lösen einen großen Druck bei den Nutzerinnen und Nutzern von Social Media aus. Das merkt auch die Therapeutin Britta Jochum: „Die Schattenseiten sind vielfältig. Ein wichtiger Punkt: Jeder wird vergleichbar. Dies führt dazu, dass Profile geschönt und optimiert werden, die Sonnenseiten des Einzelnen werden überbetont, das vermeintlich Schwierige, Belastendes verborgen. Die Wahrnehmung ist dadurch verzerrt und stimmt nicht mehr mit der Realität überein. Der Wert der eigenen Person hängt plötzlich von der Freundesanzahl bzw. Likes ab.“
Forschungen zu den Schattenseiten der sozialen Medien werden immer mehr ausgeweitet. Die Welt von Social Media wird in Fachkreisen als Web 2.0 bezeichnet. In ihrem Buch „Social Media Handbuch“ schreiben Stefan Stumpp, Daniel Michelis und Thomas Schildhauer dazu: „[Social Media entwickelt sich] endgültig zu einem, ja zu dem Medium der Massen für das 21. Jahrhundert“ *1
Durch dieses verklärte Bild auf die Welt und auf das Ideal von Menschen gibt es mittlerweile auch immer mehr Fälle von Mobbing, erzählt Britta Jochum: „Auch die Hemmschwelle, sich negativ und abwertend über andere zu äußern, ist durch Social Media gesunken, da die sichtbare Betroffenheit (Mimik, Gestik, etc.) des Gegenübers, wie sie im persönlichen Kontakt zu beobachten wäre, ausgeblendet werden kann.“
„Erfahrungen und Eindrücke werden in der Regel sofort weitergegeben und verbleiben nur kurz im „Innenraum“ des Einzelnen. Aus meiner Sicht ist aber das Wahrnehmen, Wirken und Sinken lassen einer Erfahrung, das Geben von Bedeutung und Bewertung sehr wichtig für die Entwicklung eines stabilen Selbst.“
Wir Menschen lieben Social Media und natürlich gibt es viele Punkte, in denen uns die Netzwerke das Leben erleichtern. Deshalb müssen wir lernen, damit besser umzugehen, denn verschwinden werden sie so schnell bestimmt nicht mehr. Wichtig ist es auf sich selbst, seine Gefühle und Selbstwert aufzupassen. „Sich seiner selbst bewusst zu sein, Zugang zur eigenen Gefühlswelt zu haben, Gedanken und Gefühle aushalten zu können, sind wichtige Schutzfaktoren für psychische Gesundheit. Ein weiterer Faktor ist aus meiner Sicht, dass natürliche Antidepressiva wie Sonnenlicht, Natur und Bewegung, die durch das ausgeprägte Nutzen von Social Media und andere Internetaktivitäten zu wenig genutzt werden“, rät Britta Jochum.
Nehmen wir uns doch diesen Rat zu Herzen, legen das Handy weg und gehen raus, gerade jetzt, wenn der Frühling vor der Tür steht. Gute Musik auf den Ohren schadet dabei sicher auch nicht.
Was sagt Ihr zu diesem Thema? Auf welchen sozialen Medien seid Ihr am liebsten unterwegs und wie ist Euer Verhältnis dazu? Habt Ihr vielleicht selbst auch schon negative Erfahrungen gemacht?
*1 Quelle: Michelis D. & Schildhauer T. (Hrsg.) (2012). Social Media Handbuch – Theorien, Methoden, Modelle und Praxis. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft
(A. Kohler)