Eine von politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägte Epoche des künstlerischen Widerstands
Wann kann man die Romantik zeitlich einordnen? Angefangen hat die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik in Deutschland, von da aus hat sie sich dann aber schnell ins europäischen Ausland ausgebreitet. Die Romantik lässt sich im Zeitraum zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts einordnen. Während sich die literarische Romantikbewegung in verschiedene Phasen unterteilen lässt (Frühromantik, Hochromantik, Spätromantik, Biedermeierzeit), lassen sich die Grenzen in der Malerei und Musik nicht so klar definieren und reichen noch bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts hinein.
Was wollte man mit der Romantik erreichen? Große historische Veränderungen, wie die Industrialisierung und die Französische Revolution, machten den Menschen zu schaffen. Als Reaktion darauf und als Antwort auf das Zeitalter der Aufklärung, die von Vernunft, Nüchternheit und wissenschaftlicher Forschung geprägt war, beschäftigten sich die Romantiker gegensätzlich dazu mit dem Innenleben des Menschen, dessen Gefühlen und seiner Beziehung zur Natur. Anstatt sich mit den äußeren, gegenwärtigen, gesellschaftspolitischen Umständen zu beschäftigen, wurde dem das Seelenleben des Menschen, das Magische und Mystische, das Übernatürliche und Wunderbare entgegengesetzt. Hauptziel war es, eine neue Art des Denkens zu etablieren.
Die Romantik machte sich nahezu in allen Gebieten bemerkbar, inspirierte aber vor allem Schriftsteller, Maler, Musiker und Philosophen. Anders als bei anderen Epochen verteilte sie sich auf viele Schriftsteller und hatte verschiedenste Zentren, wie beispielsweise Jena, Berlin, Dresden, Tübingen und Heidelberg.
Zur Entstehungszeit der Romantik hatten die Menschen mit vielen Veränderungen zu kämpfen. Als Reaktion auf die Industrialisierung und die Französische Revolution rückten ebendiese politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in den Hintergrund. Ebenso wollten die Romantiker einen Gegenpol zur Aufklärung schaffen, welche von Vernunft und Nüchternheit geprägt war. Zum Thema wurde der Mensch selbst, dessen Gefühle und seine Verbindung zur Natur. Es wurde sich mit Magischem, Übernatürlichem und Wunderbarem beschäftigt.
Die Französische Revolution 1789 zog in weiten Teilen Europas große Umbrüche in Politik und Gesellschaft mit sich. Die Bürger verlangten ein Mitspracherecht in der Politik, sie forderten Demokratie anstelle von Alleinherrschaft. Mit der Gründung des Rheinbunds 1806, veranlasst durch Frankreichs Kaiser Napoleon, wurden ihre Wünsche kurzzeitig auch erhört. Als Napoleons Einfluss auf Europa 1815 allerdings endete, trafen sich die adligen Machthaber zum Wiener Kongress und beschlossen, die von der Französischen Revolution gestürzte Ordnung wiederherzustellen. Die Menschen wurden ihrer durch die Revolution erlangten Rechte und Freiheiten beraubt und mussten sich erneut einem adligen Alleinherrscher unterwerfen. Auch die Vertreter der Romantik zeigten sich stark enttäuscht vom Wiener Kongress und den damit verlorenen Werten der Französischen Revolution. Die Protestepoche des Vormärz setzte ein. Alle Aufstände wurden jedoch durch die Karlsbader Beschlüssen 1819 unterbunden und die unteren Schichten aktiv durch die adlige Elite unterdrückt. Als Folge dessen flüchteten sich die Romantiker mit ihren Werken zumindest geistig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück in phantastische, unwirkliche und biedermeierliche Welten.
Neben den politischen Umständen, kam zusätzlich noch die Industrialisierung in Schwung, wodurch das Leben der Menschen von schnellen und straken Veränderungen geprägt wurde. Eine neue Arbeiterklasse entstand. Auf der Suche nach Fabrikarbeit zog die Landbevölkerung in die Städte, wodurch diese rasant zu wachsen begannen. Schmutz und Lärm zeichneten das neue Stadtbild, welches sich immer weiter von der Natur entfernte. Der Mensch verwandelte sich zum lediglich gewinnbringenden Werkzeug der immer schnelleren Produktion von Gütern, das Elend unter den Arbeitern wuchs. Als Gegenreaktion auf diese äußere Welt, welche für die Romantiker zunehmend bedrohlicher wirkte, zogen diese sich ins Innere zurück. Im Kontrast zur Realität, sollte hier der Einzelne im Mittelpunkt stehen und seine Gefühle in den Vordergrund gerückt werden.
Die wissenschaftlichen Forschungsbestrebungen der Aufklärungsbewegung des 17. und 18. Jahrhunderts verwandelten viele Naturphänomene in physikalisch erklärbare Normalitäten. Das rationale Denken und Handeln war in der Wissenschaft, aber auch in Politik, Wirtschaft und Kunst in den Vordergrund gerückt, wovon die Gefühlswelt der Menschen überschattet wurde. Als Reaktion auf diese vernunftgerichtete Philosophie der Aufklärung etablierte sich die Romantik. Sie sollte dem zukunftsorientierten Rationalismus das Individuelle gegenüberstellte.
In den 20er Jahren fanden die Ideen aus der literarischen Romantik Eingang in die Musik. Grund dafür war die sogenannte Salonkultur. Berühmte Berliner Salons stellten die Gegenstücke zu den wissenschaftlichen Zirkeln jener Zeit dar und pflegten das künstlerische und literarische Gebiet. Dadurch war Raum für einen regen Gedankenaustausch zwischen den Vertretern der einzelnen Kunstgattungen geboten.
Dass viele namhafte Komponisten wie Robert und Clara Schumann, Franz Schubert oder Felix Mendelssohn-Bartholdy die Poesie ihrer literarischen Kollegen vertonten, war also kein Zufall. Ein gutes Beispiel dafür ist das im Jahr 1824 von Heinrich Heine verfasste und von Friedrich Silcher komponierte Loreley-Gedicht, eines der bekanntesten Lieder der Romantik.
Während in der Klassik das Hauptaugenmerk der Musik auf Formvollendung lag und vor allem die Sinfonie vorherrschende Kunstform war, gewannen in der Romantik im Gegensatz dazu musikalische Kleinformen, wie Impromptus und das Lied, an Bedeutung.
Franz Schubert und Ludwig van Beethoven stellten wichtige Übergangsfiguren zwischen Klassik und Romantik dar, wobei sich die beiden Epochen, anders als in der Literatur, in der Musik nur schwer klar voneinander abtrennen lassen. Abhängig von Komponist und Musikstück kann bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch von romantischer Musik gesprochen werden. Weitere wichtigste Komponisten der Romantik sind Robert Schumann, Frédéric Chopin, Franz Liszt, Felix-Mendelssohn-Bartholdy und Hector Berlioz.
Was sind Motive der Romantik? Die Romantik war die Gegenwelt zur Vernunft. Die Vertreter verherrlichten das Gefühl anstelle eines Intellekts. In der damaligen Literatur finden sich erste Versuche das Unterbewusstsein zu verstehen. Lyrische Erzählungen, Gedichte und sogenannte Kunstmärchen beschrieben große Gefühle, phantastische Szenerien und naturverbundene Schilderungen. Mit der Poesie sollten alle Grenzen überwunden und der Mensch mit der Natur versöhnt werden. Der Wunsch nach dem Ausbruch aus der Wirklichkeit findet sich in den Motiven der Romantik wieder:
Als natürlicher und unberührter Gegenpol zur Industrialisierung der Städte diente die Natur und die Rückbesinnung auf die Vergangenheit. Aus diesem Grund wurde in der Romantik auch das Mittelalter beschönigt.
Zentrales Motiv der Romantik ist die blaue Blume. Doch warum ist die blaue Blume das Symbol der Romantik? Sie verkörpert die reale Erfüllbarkeit der Sehnsüchte und Bestrebungen, die Liebe und Unendlichkeit. Der Dichter Novalis benutzte sie als erster in seinem unvollständigen Roman „Heinrich von Ofterdingen“, in welchem die blaue Blume die Sehnsucht der Hauptfigur verkörpert. Das Motiv findet sich sowohl in der Dichtung, als auch in der Musik, beispielsweise durch Frédéric Chopin und Robert Schumann, sowie in der Malerei, zum Beispiel durch Caspar David Friedrich. Damit in Zusammenhang stehen auch das Wander- und Reisemotiv sowie das Motiv des Fernwehs und der Sehnsucht nach fernen Ländern.
Häufig wurde in romantischen Werken der Übergang zwischen zwei Zuständen, genauer gesagt der Zustand des „Dazwischens“, dargestellt. Beispiele für häufig verwendete Motive sind unter anderem das Dämmern als Übergang von Tag und Nacht oder das Fenster als Schwelle zwischen der Außenwelt und dem Privaten.
In der Romantik wurden erstmals Einblicke in das tiefe Innere und die seelischen Abgründe der Menschen, jenseits seines Verstands gegeben. Damit verbunden waren auch die Motive von Nacht und Tod. Die Nacht verkörperte dabei den Gegensatz zum geschäftigen, tüchtigen, klaren Tag und barg das Geheimnis. Die Nacht symbolisierte den Tod als Aufhebung aller Grenzen.
Eine weitere große Rolle in der Romantik spielte der Hang zum Unwirklichen und Magischen. In der Spätromantik dienten das Skurrile, Groteske und Dämonische als Stilmittel. Ein bekanntes Motiv aus dieser Kategorie ist das Spiegelmotiv, das vor allem von E.T.A. Hoffmann Verwendung fand.
Die Abwendung vom gegenwärtigen Zeitgeschehen war das Hauptziel der Romantiker. Dies äußerte sich in Eskapismus, der Flucht ins Private und der Hinwendung zur Vergangenheit. Trotz dieser bescheidenen Begeisterung für die gegenwärtige politische Situation, griffen die Romantiker auch aufkommende nationalistische Strömungen auf.
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt’.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Klassik
Romantik
(L. Weißenberger)