Seiji Ozawa, Dirigent und Komponist, trägt den Spitznamen „der Hunderttausend-Volt-Dirigent“ und gilt als ausgeglichenes Gemüt.
Seiji Ozawa wurde im September 1935 in China geboren und hat seither eine beachtliche Karriere hingelegt.
Seine Eltern trafen früh die Entscheidung zu flüchten und zogen von Mandschukuo nach Tokio. Hier erhielt er den ersten Klavierunterricht und war begeistert. Schnell wurde der Traum von einer Pianistenkarriere geboren. Ein Sportunfall kreuzte diesen Traum – er brach sich vier Finger und musste seine Pianistenlaufbahn aufgeben. Nach dem ersten Schock erholte Ozawa sich schnell und konzentrierte sich danach auf Komposition und Dirigieren. Dem Sport ist er treu geblieben – noch heute ist er ein begeisterter Skifahrer und Tennisspieler. Und so studierte er an der Tōhō Gakuen Daigaku in Chōfu Komposition und Dirigieren. Er war sogar als Diener für seine Lehrer tätig, da ihm so das Schulgeld erlassen worden ist. Er ist froh über diese Erfahrung und sagt selbst über diese Zeit:
„Er hat mir immer sehr viel erzählt, nicht nur über Musik, über das Leben an sich. Eine solche Beziehung ist heute noch mein Ideal.“ (Berliner Morgenpost, November 2010)
Zudem genoss er einen Teil seiner Ausbildung in Deutschland, hier unterrichtete ihn der Cellist Emanuel Feuermann. Den anderen Teil absolvierte er in Japan bei dem Dirigenten Joseph Rosenstock. 1959 reiste er mit seiner damaligen Freundin nach Europa um am ersten Dirigier-Wettbewerb in Besancon teilzunehmen. Das Besondere hierbei ist nicht nur, dass er den ersten Platz belegte, sondern die Art des Reisens – abenteuerlich auf einem Motorroller. Seinen ersten erfolgreichen Auftritt hatte er mit 24 Jahren mit dem Japan Philharmonic Orchestra.
Im Jahre 1961 begann seine Assistenz bei Leonard Bernstein in New York. Zudem lernte er acht Monate lang bei Herbert von Karajan. Und auch für Karajan fallen nur gute Worte: „Er konnte sehr großzügig sein und dann wieder unnahbar. Aber er war einfach großartig zu mir jungem Nichtskönner.“ (Berliner Morgenpost, November 2010)
Aber Seiji Ozawa hatte auch absurde Momente mit von Karajan. So lud ihn Herbert von Karajan zu sich ein und erzählte ihm alles über Beethoven, obwohl Ozawa etwas über „Tosca“ wissen wollte um sich auf sein Debüt an der Scala vorzubereiten. Am Ende des Abends wurde er morgens um drei Uhr von von Karajan rausgeworfen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden ihn nach Hause zu fahren. Und Ozawa stand da ohne Geld für ein Taxi – er ging daraufhin zu Fuß nach Hause.
In den darauffolgenden Jahren übernahm Ozawa das Ravinia Festival, die Sommerresidenz des Chicago Symphony Orchestras und parallel wurde er Chefdirigent beim Toronto Symphony Orchester. 1970 folgte das San Francisco Symphony Orchestra und drei Jahre später das Boston Symphony Orchestra. 2002 bis 2010 war er Musikdirektor der Wiener Staatsoper. Es ist nicht zu übersehen; er war gefragt und ist es noch heute.
Nach einer langen Zwangspause bedingt durch eine Krebserkrankung ist er wieder auf den Bühnen der Welt zu sehen. Er brilliert gewohnt mit typisch klassisch-romantischen Stücken gewürzt mit einer Prise Moderne. Seiji Ozawa wurde bereits mehrfach für seine Arbeit ausgezeichnet. Unter anderem mit dem Emmy Award in den Jahren 1976 und 1994 und einem Grammy 1981. 2007 erhielt er den Ehrenring der Wiener Staatsoper und 2015 den Kennedy-Preis.
Im Jahr 2016 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft bei den Berliner Philharmonikern. Anlass war seine Rückkehr und die Freude über die jahrzehntelange freundschaftliche Zusammenarbeit. Es gibt keinen anderen Dirigenten weltweit, der so lange mit ein und demselben Orchester zusammen gearbeitet hat.