Anstatt Cellist zu werden, wie es der Vater wünschte, entschied sich Rostropowitsch dafür, einfach ein inspirierendes Talent zu sein.
Das am 27. März 1927 in Baku geborene Universalgenie Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch entstammt einer Künstlerfamilie. Mit einem Cellist als Vater und einer Pianistin als Mutter schien sein Weg bereits vorgezeichnet. Doch anstatt nur Cellist zu werden, wie es dem Wunsch des Vaters entsprach, entschied sich der junge Russe dafür, einfach zu werden, was er schon war: Ein in jedem Gebiet inspirierendes Talent. Er komponierte, dirigierte, spielte Piano und avancierte zu einem der bekanntesten Cellisten aller Zeiten.
Die Heutige Welt ist wie ein Wurstauflauf – das Gute und das Schlechte ist darin enthalten.Rostropowitsch (Le Quotidien, 19. November 2005)
Nach seinen ersten Konzerten ab 1964 in Deutschland begann sein weltweiter Ruhm. Nicht nur seine Leidenschaft für die Musik sondern auch für den Humanismus prägten sein Leben. So fiel er bei dem Zeit seines Lebens innig geliebten Russland ab 1971 in Ungnade und wurde sogar mit einem Ausreiseverbot sanktioniert, weil er es gewagt hatte, den von dem sowjetischen Regime zum Feindbild erklärten Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn bei sich aufzunehmen. 1974 verließ er die Sowjetunion und ging in die USA.
1977 wurde ihm der Posten des Chefdirigenten des National Symphony Orchestra in Washington DC verliehen. Zahlreiche seiner Konzerte standen im Lichte des Einsatzes für die Menschenrechte und die Demokratie, so auch sein spontanes Cellospiel am 11. November 1989 am Checkpoint Charlie. Sein soziales Engagement zeichnete sich auch durch das Konstituieren zahlreicher Stiftungen aus: Sei es für Kinder in Not oder bei der Nachwuchsförderung hochbegabter Musiker.
Die Tatsache, dass er die letzten 30 Jahre seines Lebens gar keine Staatsangehörigkeit besaß, scheint auf politischer Ebene das zu spiegeln, was er auch mit seiner Musik stets auf unvergleichliche Weise zum Ausdruck brachte: seiner Meinung nach gab es keine Grenzen und nur durch die Vielfalt könne die wundervollste Sinfonie entstehen. Was ihn auszeichnete, war die Tatsache, dass er nie als „der Cellist“, „der Dirigent“ oder „der Komponist“ gekannt wurde, sondern stets als Rostropowitsch in einer seiner unzähligen Rollen. Was er auch erschuf - seine Persönlichkeit beseelte ein jedes seiner Werke.
Auch vor 18 000 Menschen spiele ich, als ob nur einer vor mir säße und 17 999 hörten zufällig mit.Mstislaw Rostropowitsch
Dieser Künstler hatte einen Sinn für das richtige Gefühl im richtigen Moment und seines Erachtens war das Gefühl auch weitaus relevanter als die Technik. So gibt es laut seiner Aussage Passagen in der Musik, die der Musiker für das Publikum spielen muss, denn nur durch seine emotionale Verbindung mit dem Publikum könne man dem jeweiligen Moment gerecht werden. Doch bereits in der nächsten Passage habe der Künstler nichts als die Musik zu fühlen, das Publikum zu vergessen und nur noch für die eigene Seele, die Musik per se zu spielen. In solchen Momenten müsse das Publikum begreifen, dass es ein besonderes Privileg ist, dem Künstler lauschen zu dürfen.
Zeit seines Lebens bemühte er sich, sein Talent zu lehren und weiterzugeben - die einzigartige Verbindung, die er mit seiner Umwelt einzugehen vermochte, die unzählige Menschen berührte, war eine unvergleichliche Gabe.Am 27. April 2007 verstarb Rostropowitsch im Alter von 80 Jahren.(A. Pasdzior)