Michael Nyman

FilmkomponistMichael Nyman

Michael Nyman gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Komponisten der modernen Filmmusik. Besonders seine Zusammenarbeit mit Regisseur Peter Greenaway und die ikonische Musik zu "Das Piano" haben ihn zu einem unverwechselbaren Namen in der Welt der Musik gemacht.

Michael NymanFoto: Josep Renalias/CC BY-SA 3.0

Vom Klassizismus zum Minimalismus

Michael Nyman wurde 1944 in London geboren. Er begann seine musikalische Ausbildung an der Royal Academy of Music und vertiefte sich besonders in die Werke von Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Henry Purcell. Diese frühen Einflüsse prägten sein erstes Verständnis von Struktur und Form in der Musik. Doch Nyman fühlte sich zunehmend entfremdet von der sich zu dieser Zeit stark etablierenden Atonalität und der experimentellen Musik, die von den avantgardistischen Strömungen seiner Zeit geprägt war. Stattdessen wendete er sich dem Minimalismus zu – einem musikalischen Ansatz, der von Komponisten wie Philip Glass, Terry Riley und Steve Reich geprägt wurde.

Der Minimalismus zog Nyman nicht nur aufgrund seiner rhythmischen Klarheit an, sondern auch wegen seiner Wiederholung und Reduktion, die er als Möglichkeit sah, Musik sowohl emotional als auch intellektuell tiefgründig zu gestalten. Diese Mischung aus klassischer Musikalität und minimalistischem Ansatz bildet das Rückgrat seiner späteren Werke.

Henry Purcell
Foto: Gemeinfrei
Michael Nymans musikalisches Vorbild: der britische Komponist Henry Purcell (1659 - 1695)

Eine künstlerische Symbiose

In den 1980er Jahren begann Nyman eine produktive und künstlerisch fruchtbare Zusammenarbeit mit dem britischen Regisseur Peter Greenaway. Ihre erste gemeinsame Arbeit war Der Kontraktdes Zeichners (1982), ein Film, dessen Musik von der Verbindung klassischer Barockmusik und moderner minimalistischer Elemente geprägt war. Für Greenaway, der in seinen Filmen oft mit Farben und Symbolik spielte, war Nyman der ideale Partner, um diese visuelle Komplexität mit einer ebenso vielschichtigen Musik zu untermalen.In den folgenden Jahren arbeiteten sie an weiteren Filmen zusammen, darunter das Drama "Ein Z & zwei Nullen", die skandalträchtige Abrechnung mit der Thatcher-Ära "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" und der von Shakespeare inspirierte "Prosperos Bücher". Besonders "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" ist ein herausragendes Beispiel für Nymans einzigartigen Ansatz in der Filmmusik. Die Musik enthält eine Kombination aus Purcell'scher Barockmusik und Nymans eigenen minimalistischen Kompositionen, die zusammen eine Atmosphäre schaffen, die sowohl kunstvoll als auch verstörend wirkt. Das den Soundtrack dominierende und von Schalmeien geprägte Stück „Memorial“ wurde von Nyman ursprünglich als Memorandum für die Opfer der Katastrophe von Heysel (1985) komponiert und zitiert eine Arie aus Henry Purcells Oper "King Arthur".

Greenaway beschreibt seine Zusammenarbeit mit Nyman folgendermaßen: „Die Musik von Nyman ist niemals bloße Untermalung. Sie ist ein integraler Bestandteil des Films, sie treibt die Emotionen der Zuschauer an und setzt die Bilder in einen Kontext, der ohne sie nicht existieren würde.“ (Peter Greenaway, Interview mit The Guardian, 1995)

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Der Durchbruch mit „Das Piano“

Doch Nymans größter Erfolg kam 1993 mit seiner Musik für Jane Campions "Das Piano". Der mehrfach oscarprämierte Film erzählt die Geschichte einer stummen Frau, die 1851 nach Neuseeland reist, um einen Ehemann zu heiraten. Ihr wichtigstes Reisegepäck, ein Klavier, ist die einzige Möglichkeit ihre wahren Gefühle hörbar auszudrücken. Als ihr Mann das Instrument verkauft, entwickelt sich eine leidenschaftliche Beziehung zu einem der Arbeiter, was zu dramatischen und emotional aufgeladenen Konflikten führt. Der Soundtrack zum Film, eine Mischung aus minimalistischen Klängen und romantischen Melodien, wurde weltweit ein Riesenerfolg und trug dazu bei, Nymans Musik einem breiten Publikum bekannt zu machen.

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Einflüsse und musikalische Visionen

Trotz seines Erfolgs im Bereich der Filmmusik und des Minimalismus ist Nymans musikalische Sprache tief in der Tradition der westlichen klassischen Musik verwurzelt. Seine frühen Werke sind stark beeinflusst von den Komponisten der Barockzeit, besonders von Henry Purcell und Johann Sebastian Bach, aber auch "leichtere" Komponisten, wie Wolfgang Amadeus Mozart, inspirierten ihn stark. In vielen seiner Filmmusiken übernimmt Nyman bestimmte Melodien und Themen dieser Komponisten und transponiert sie in die moderne, minimalistische Sprache. Es geht ihm, bei all seinen Werken um das Erzeugen einer neuen und doch wiedererkennbaren Musik, die den Hörer sowohl an die Vergangenheit erinnert als auch die Gegenwart einbezieht. Seine Vorbilder verleugnet Nyman dabei nie: "Ich bin kein großer Erfinder von Grund auf. Was ich tue, ist, Musik von anderen Musikern zu verwenden, zu stehlen, zu erwerben, zu reproduzieren oder wiederzuverwenden.“

Der bleibende Einfluss auf moderne Filmmusiker

Michael Nymans Einfluss auf die Filmmusik ist unbestreitbar. Die Art und Weise, wie er Musik als einen eigenständigen, narrativen Bestandteil des Films betrachtet, hat viele moderne Komponisten inspiriert. Einer seiner bekanntesten Nachfolger ist der britische Komponist Max Richter, dessen Werke ebenfalls klassische Elemente mit minimalistischem Ansatz verbinden. Auch der isländische Komponist Ólafur Arnalds, der in seinen Filmmusiken ähnliche atmosphärische und meditative Klangwelten wie Nyman erzeugt, orientiert sich an Nymans stilistischen Prinzipien. Auch trägt ein großer Teil heutiger Filmmusiken, die zunehmend elektronische und orchestrale Elemente kombiniert, ganz deutlich Nymans Handschrift.


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Eine bemerkenswerte Randnotiz in Nymans Karriere ist sein einmaliger Ausflug in die Welt der Computerspiele: 1996 ließ er sich bei einem Charity-Besuch in Kobe, Japan, von Gamedesigner Kenji Eno überreden, den Soundtrack zu dem heute (nicht zu unrecht) vergessenen Spiel "Enemy Zero" zu komponieren.

Spuren in der Popkultur

Doch Nymans Einfluss ist nicht auf die Welt der Filmmusik beschränkt. Seine Musik hat auch in der Popkultur Spuren hinterlassen. Ein bekanntes Beispiel ist der Track "Tabula Rasa Pt. 1" von Freundeskreis, der direkt Nymans „Memorial“ aus Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber zitiert. Besonders der ikonische minimalistische Sound von Nyman wird hier verwendet, um eine dichte Atmosphäre und emotionale Schwere zu erzeugen, die im Hip-Hop durchaus selten ist. Darüber hinaus tauchen seine Werke immer wieder in verschiedenen Medien und Kontexten auf, sei es in der Werbung, im Theater oder in anderen musikalischen Produktionen.


Michael Nyman Werk und das vieler weitere großartige Filmkomponisten können Sie bei uns im Stream hören:

Holger Hermannsen / 21.03.2025

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