Schon damals wollte sein Publikum nur sein erstes Violinkonzert hören. So ist es bis heute geblieben.
Am 06. Januar 1838 in Köln kommt mit ihm ein großer Komponist und Dirigent seiner Zeit zur Welt. Die Rede ist von Max Bruch. Zu Lebzeiten war er ähnlich angesehen wie Johannes Brahms, verlor nach seinem Tod jedoch schnell an Ansehen und Präsenz. Neben ihm brachten sein Vater August Carl Friedrich Bruch, Jurist, königlicher Polizeirat und stellvertretender Polizeipräsident in Köln, und seine Mutter Wilhelmine Bruch (geb. Almenräder), als Sängerin der musikalische Teil der Familie, noch ein weiteres Kind zur Welt: Max Bruchs jüngere Schwester Mathilde. Mit ihr pflegte der Komponist ein sehr enges Verhältnis, sie unterstützte ihn stets bei seinen künstlerischen Angelegenheiten. Der Komponist ist vor allem bekannt für sein erstes Violinkonzert und die Schottische Fantasie, obwohl Max Bruchs Werke durch eine große Anzahl glänzen. Er verfasste zahlreiche Opern, Sinfonien, Kammermusik und Klaviersonaten. Das Publikum interessierte sich allerdings kaum dafür. Es wollte, und so dauert es bis heute an, immer nur das erste Violinkonzert Max Bruchs, was dem Künstler zu Lebzeiten schwer zu schaffen machte.
Seinen ersten Musik- und Klavierunterreicht erhielt Max Bruch von seiner Mutter, welcher er im Alter von neun Jahren schließlich seine erste Komposition, ein Lied zum Geburtstag, widmete. Von diesem Moment an folgten viele kleinere Jugendwerke von Bruch wie Motetten, Klavierstücke, Violinsonaten, ein Streichquartett, aber auch Orchesterwerke, wovon allerdings nur die wenigsten überliefert sind. Von einem Freund seines Vaters, Professor Heinrich Carl Breidenstein, erhielt er 1849 seinen ersten musiktheoretischen Unterricht, wurde aber zeitgleich noch zusätzlich von Lehrern des Kölner Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums unterrichtet. Mit elf Jahren trat Max Bruch dann mit größeren Kompositionen an die Öffentlichkeit, darunter zum Beispiel seine erste Sinfonie in f-Moll, die 1852 durch die Philharmonische Gesellschaft in Köln aufgeführt wurde. Im selben Jahr gewann er mit einem Streichquartett ein Stipendium der Frankfurter Mozart-Stiftung, welches ihm ermöglichte bei Ferdinand Hiller ein Kompositionsstudium und Klavierunterreicht bei Carl Reinecke und Ferdinand Breunung zu besuchen. Auf Hillers Anraten hin, setzte Max Bruch seine musikalischen Studien 1858 in Leipzig fort, wo er Kontakte zu Komponisten wie Moritz Hauptmann, Ignaz Moscheles und Ferdinand David, sowie zum Musikverlag Breitkopf & Härtel knüpfte. Dort brachte er erste Werke zur Veröffentlichung, darunter beispielsweise das Jubilate op. 3, Die Birken und die Erlen op. 8, die Drei Duette op. 4, zwei Streichquartette (op. 9 & op. 10), sowie seine letzten Soloklavierwerke (op. 11, op. 12 & op. 10). Ein Jahr später kehrte Max Bruch nach Köln zurück und arbeitet dort für drei Jahre als Musiklehrer.
1862 zog Max Bruch nach Mannheim. Mit der Komposition der Oper Die Loreley op. 16 erfuhr seine Karriere dort eine entscheidende Wende. Bei ihrer Uraufführung stieß sie auf positive Resonanz und schaffte es sogar auf Bühnen im Ausland. Infolgedessen widmete sich Bruch dann ausschließlich der Vokalmusik. 1864 dirigierte er in Aachen die Uraufführung der Kantate Frithjof op. 23 mit dem Männergesangsverein Concordia, Solisten und Orchester, welche schlagartig sein Ansehen hebt und ihn dazu veranlasst, nach einer Festanstellung zu suchen. Max Bruch wird Musikdirektor in Koblenz.
Die Oper von Bruch hat mich, wie Sie denken können, sehr interessiert, es sind sehr schöne Momente darin, durchweg Orchester und Chor so meisterhaft behandelt, dass ich es kaum von einem so jungen Komponisten begreife, aber Längen sind bedeutende, und, darf ich es offen sagen, so recht eigentlich produktive Kraft vermisse ich in der Musik doch.Clara Schumann in einem Brief an Max Bruchs Lehrer Ferdinand Hiller über seine Oper „Die Loreley“
Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 ist eines der wenigen Werke des Komponisten, das es bis heute noch regelmäßig auf die Konzertbühnen schafft. Schon während seiner Lebzeiten beschränkte sich seine öffentliche Wahrnehmung weitgehend auf sein erstes Violinkonzert. Eine Tatsache, die Max Bruch verbitterte. Max Bruchs Werk, das seit seiner Veröffentlichung an der Spitze seiner ganzen Schaffensphase steht, entstand zwischen 1866 und 1868 und wurde dem Geiger Joseph Joachim gewidmet. Dieser spielte bei der Uraufführung des Stücks als Solist und war zuvor auch an der Ausgestaltung des Soloparts beteiligt. Nachdem Max Bruchs Violinkonzert, ein Stück von Weltrang, von ihm fertiggestellt wurde, trat der Komponist alle Rechte an seinen Verlag ab, was er bis an sein Lebensende bereute. Er konnte zusehen, wie das Werk seinen Siegeszug antrat, ohne dass er finanziell davon zehren konnte. Wegen dieser Fehlentscheidung hangelte sich Bruch bis zu seinem Tod wie ein Nomade von einem Kapellmeisterposten zum nächsten, um sich seinen Lebensunterhalt verdienen zu können.
1867 trat Max Bruch eine neue Stelle als fürstlicher Hofkapellmeister in Sondershausen an, wo ihn die Möglichkeit verlockte mit einem guten Orchester arbeiten zu können. Bedingt durch den Tod der Mutter im selben Jahr, fasste Bruchs Schwester Mathilde den Entschluss, zu ihrem Bruder zu ziehen und ihm den Haushalt zu führen. Das Jahr 1870 hielt für Max Bruch mehrere Einschnitte bereit: Indem er einige seiner Werke beim Musikverleger Fritz Simrock veröffentlichte, erreichte er eine deutlich breitere Bekanntheit. Auf diesen Erfolg gründete die Entscheidung des Künstlers als freischaffender Komponist nach Berlin zu ziehen und seine Stelle in Sondershausen aufzugeben. In Berlin gab Max Bruch einerseits wieder Stunden als Musiklehrer und arbeitete andererseits gemeinsam mit Dichter Wilhelm Paul Graff am weltlichen Oratorium Odysseus, welches gute Resonanz bei Kritik und Publikum fand. Zwischenzeitlich zog Bruch mit seiner Schwester nach Bonn, kehrte 1878 jedoch wieder nach Berlin zurück. Nach seinem Umzug entstand Max Bruchs Schottische Fantasie op. 46 und Max Bruchs Kol Nidrei op. 47. Die Schottische Fantasie widmete der Komponist, anders als Max Bruchs 1. Violinkonzert, nicht Joseph Joachim, sondern dessen Konkurrenz Pablo de Sarasate. Die Uraufführung spielt dann allerdings doch wieder Joachim, da er mit Sarasate, wie mit vielen anderen auch, aneckte und sich entzweite.
Max Bruch war kein einfacher Mensch. Wahrscheinlich wechselte er deswegen ständig die Stelle und schied meist im Streit. 1880 trat Bruch eine neue Stelle an. Als Direktor der Royal Philharmonic Society in Liverpool führte er dort seine Werke auf. Drei Jahre später unterschrieb er dann für seine neue Stelle als Leitung des Breslauer Orchestervereins, wo ihm ein geregeltes Einkommen zukam und er freie Hand über die Auswahl der gespielten Werke hatte. Neben eigenen Werken führte er unter anderem Stücke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven, sowie Werke von Richard Wagner, Franz Liszt und Richard Strauss auf. 1890 erfolgte dann wieder ein Umzug nach Berlin, welcher Max Bruchs letzter Umzug seines Lebens sein sollte. Als er dort an der Berliner Akademie der Künste 1891 eine Professur für Komposition erhielt, blieb er fast 20 Jahre an einem Ort. In den folgenden Jahren konzentrierte der Künstler sich auf seine Lehrtätigkeit und komponiert unzählige kleinere Werke. Schüler von Max Bruch waren unter anderem Oscar Straus, Ottorino Respighi und Ralph Vaughan Williams. 1910 schied er schließlich aus der Akademie aus und widmete sich vollkommen der kompositorischen Tätigkeit.
1918 litt Max Bruch an mehreren neuralgischen Attacken sowie unter der kriegsbedingt schlechten Versorgung mit Lebensmitteln. Seine letzten veröffentlichten Werke sind die Christkindlieder op. 92, die Trauerfeier für Mignon op. 93 und die Five Songs für Gesang und Klavier op. 97. Ein Jahr nach dem Tod seiner Ehefrau Clara 1919 nach einer Operation der Berliner Charité starb Max Bruch am 2. Oktober 1920. Er wurde neben seiner Frau auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg bestattet. Max Bruchs Sohn Ewald sammelte später Material aus den Hinterlassenschaften seines Vaters und vermachte diese dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Köln.
Im Jahr 1880 heiratete Max Bruch die Sängerin Clara Tuczek. Doch bevor es dazu kam, versuchte sich der Komponist bereits bei anderen Damen. Gegen Ende seiner Zeit in Koblenz war Bruch um 1867 mit Emma Landau, über die nicht viel bekannt ist, verlobt. Sie löste die Verlobung jedoch wieder auf. Drei Jahre später hatte Bruch ein Liebesverhältnis mit der Sängerin Anna Strauss, welches allerdings mit der Verlobung ihrerseits mit einem anderen Mann ein Ende nahm. Wieder drei Jahre später verlobte sich der Komponist erneut. Die 19-jährige Amalie Lally Heydweiler war Erbin eines beachtlichen Vermögens, weswegen ihre Mutter großen Wert auf das Einkommen ihres Schwiegersohns legte. Da seine Kompositionen in diesem Zeitraum eher mäßige Erfolge erzielten, konnte er diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllen und beendete die Beziehung 1874. 1880 lernte er dann schließlich die Richtige kennen. Bruch traf Clara Tuczek auf einer Konzertreise. Am 22. August desselben Jahres heirateten die beiden. Das Ehepaar hatte vier Kinder, von denen zwar zwei heiratetet, aber keine Nachkommen bekamen, sodass die direkte Linie von Max Bruch ausstarb.
Max Bruchs Ideale standen schon zu Beginn seiner kompositorischen Laufbahn fest und änderten sich bis zu seinem Lebensende nicht einmal ansatzweise. Einst war er Schüler von Ferdinand Hiller, in dessen Kreisen Schönklang und Ebenmäßigkeit oberstes Gebot waren. Dahingegen verachtete Hiller Experimente mit der Harmonik, wie es zur selben Zeit beispielsweise Richard Wagner oder Franz Liszt praktizierten. Auch Bruch wandte sich gegen jegliche musikalische Neuerung, was von ihm als „musikalischer Sozialdemokratismus“ bezeichnet wurde. Die Moderne lockte ihn nicht. Seine Werke zeugen von Eingängigkeit und Tradition. Während seiner gesamten Schaffensphase verehrte er Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms, stand jedoch zu seinem großen Leidwesen stets im Schatten von Brahms und musste sich zeitlebens mit ihm vergleichen lassen. Obwohl Max Bruch sich vor allem für Vokalmusik, insbesondere für volkstümliche Melodien, interessierte, befinden sich seine stärksten Werke auf dem Gebiet der Instrumentalmusik.
(L. Weißenberger)