Eine kürzlich enthüllte Gesichtsnachbildung von Wolfgang Amadeus Mozart sorgt auf X (Twitter) für Aufsehen. Modernste 3D-Forensik-Technologie bietet einen überraschend realistischen Blick auf einen der berühmtesten Komponisten aller Zeiten. Oder ist alles ein riesiger Irrtum?
Die Nachbildung wurde anhand eines Schädels erstellt, der seit 1902 im Salzburger Mozarteum aufbewahrt wird. Jedoch rätselt die Wissenschaft seither, ob dieser Schädel auch wirklich dem großen Komponisten gehört.
Ein Erbgutvergleich mit DNA aus den Gebeinen von Mozarts Großmutter und seiner Nichte sollte Gewissheit bringen, doch stattdessen tauchten neue Fragen auf.
Was diesen Nachweis erschwerte: Um die Echtheit des Schädels festzustellen, wird „mitochondriale DNA“ benötigt. Diese findet sich aber nur in weiblichen Mitgliedern einer Familie. Mozarts Mutter Anna Maria ruht in einem anonymen Pariser Grab, und seine Schwester Nannerl in einer Kommunalgruft auf dem Salzburger Friedhof St. Peter und ist längst nicht mehr identifizierbar. So blieben nur noch die bis dahin bekannten sterblichen Überreste von Jeanette Berchtold zu Sonnenburg, der Tochter von Mozarts Schwester Nannerl, die im Alter von 16 Jahren starb, sowie Mozarts Großmutter Euphrosina Pertl.
Die aus den Knochen gewonnene DNA wurde mit dem Erbgut von zwei Zähnen des angeblichen Mozartschädels verglichen. Das Ergebnis ließ die Wissenschaftler alle bisherigen Erkenntnisse in Frage stellen: Weder sind die beiden Frauen im Familiengrab miteinander verwandt, noch ist eine von ihnen mit dem Mann verwandt, von dem der Schädel im Safe der Mozarteum-Stiftung stammt. „Die Identität der beiden Individuen aus dem Mozart-Familien-Grab hat sich als Rätsel erwiesen“, sagte Walther Parson von der Universität Innsbruck.
Aber eines ist laut Wissenschaftler Parson klar: Keine der drei Personen ist miteinander verwandt. Untersuchungen weiterer Knochen aus dem Grab ergaben zudem, dass auch die anderen dort bestatteten Personen, bei denen es sich laut Dokumenten unter anderem um Mozarts Vater Leopold handeln soll, keine familiäre Beziehung haben können. Wurden die Skelette im Laufe der Zeit vertauscht?
Es ist nicht das erste Mal, dass Zweifel an der Echtheit des Schädels aufkamen – aber mit Sicherheit die verwirrendste. Das Knochenstück erlebte durch mehr als zwei Jahrhunderte eine bewegte Geschichte und wechselte mehrmals den Besitzer. In all dieser Zeit wurde die Echtheit immer wieder angezweifelt.
Ob also diese neue Rekonstruktion den großen Komponisten zeigt oder vielleicht einen Wiener Kutscher oder gar einen einfachen Bettler? Wir werden es wohl nie erfahren. Die Vorstellung, einen realistischen Blick auf den Schöpfer der „Zauberflöte“ oder von „Don Giovanni“ werfen zu können, hat trotzdem ihren Reiz.
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