Ein Film ohne Soundtrack - undenkbar. Doch wie entsteht eigentlich Filmmusik? Wir haben nachgefragt bei Filmkomponistin Tina Pepper.
Tina Pepper komponiert Musik für Filme wie "Kriegerin" oder "Teardrop", Serien wie "You are wanted" mit Matthias Schweighöfer und ist 2020 für ihre Musik zur Serie "Rampensau" mit dem Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie 'Beste Musik' ausgezeichnet worden. 2022 war sie nominiert für den Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie 'Audiovisuelle Medien'.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Musik für einen Film zu komponieren, erklärt sie uns. "Entweder man fängt an, bevor der Film überhaupt gedreht ist, nur auf Grundlage des Scripts. Das man sich die Story durchliest und überlegt, wie könnte das Ganze klingen. Oder man kommt erst dazu, wenn der "Final Cut" ist, also der Film ist im Schnitt fertig, es ändert sich nichts mehr, und dann fängt man an." Ist das der Fall, dann steht am Beginn des Komponierprozesses ein ganz besonderer Preview für die Filmkomponisten, erklärt Tina Pepper: "Das nennt sich "Spotting Session": das heißt, wir sehen uns den ganzen Film an und notieren uns nebenbei, wo Musik sein soll und was sie tun soll."
Man hat z.B. viel mehr Zeit, sich Dinge zu überlegen, wenn man viel früher anfängt, also bevor der Film gedreht ist.
Tina Pepper, Filmkomponistin
Während es für Laien kaum vorstellbar ist, für einen Film zu komponieren, den man noch nicht gesehen hat, sehen Profis wie Tina Pepper auch Vorteile im Komponieren VOR dem "Final Cut": "Man hat z.B. viel mehr Zeit, sich Dinge zu überlegen, wenn man viel früher anfängt, also bevor der Film gedreht ist. Es kann natürlich sein, dass man hinterher merkt: 'Ah, das passt doch nicht so zu den Bildern'. Andererseits: wenn es passt, dann ist es ganz wunderbar. Denn die Cutter können dann im Schnitt die fertigen Musiken schon benutzen und sehen, ob das funktioniert und was sie vielleicht noch brauchen." Beim Komponieren nach dem "Final Cut" hingegen muss man nichts mehr ändern, weil die Musik beim Komponieren 100% auf den Film angepasst wird. Dafür ist die Zeit knapper, weil die Produktionspläne strenge Deadlines haben.
Beim Komponieren geht man dabei Szene für Szene vor. Dabei gibt es einiges zu beachten, erläutert Tina Pepper: "Man muss bei jeder Szene schauen, worum geht es bei der Szene, auch in Zusammenhang mit der Geschichte des ganzen Films, warum braucht die Szene Musik, welche Funktion soll sie erfüllen, wo soll die Musik einsetzen, wo geht sie wieder raus und wie kann sie die Funktion erfüllen, die sie hat."
Der Dialog ist immer das Wichtigste und da muss ich mit der Musik dann etwas zurücktreten.
Tina Pepper, Filmkomponistin
Dabei hänge es immer von der Szene ab, worauf man achten muss: "Es ist ja etwas völlig anderes, wenn ich bei einem Kinofilm eine Intromusik schreibe. Da hat man relativ viele Freiheiten, weil da ja auf der auditiven Ebene meist nicht viel passiert. Da wird oft nicht geredet, es sind schöne Bilder zu sehen. Da hat die Musik einfach Platz und man kann sich so ein bisschen auslassen. Wenn man z.b. unter Dialog etwas schreibt, ist das ganz anders: denn da muss man sehr darauf achten, dass man den anderen wichtigen auditiven Informationen nicht in die Quere kommt. Denn der Dialog ist immer das Wichtigste und da muss ich mit der Musik dann etwas zurücktreten. "
Deshalb sind Dialogszenen etwas kniffeliger: "Der Zuschauer hat so eine bestimmte Aufmerksamkeitsspanne. Wenn z.B. so ein Diaolog ist, dann versucht man mit der Musik ganz oft schon vor dem Dialog einzusetzen und so einen bestimmten Teil der Musik schon einmal einzuführen, so dass der Zuschauer das schon einmal gehört hat. So kann es unter dem Dialog verschwinden, ohne das derjenige irritiert ist, denn er kennt es ja schon." Die Komplexität zu beurteilen ist im Prozess oft nicht ganz einfach, gerade wenn man den ganzen Tag mit dieser Szene arbeitet. "Da verliert man manchmal die Objektivität und dann merkt man am nächsten Tag, dass die Musik doch zu komplex ist und etwas rausnehmen oder umarrangieren muss. (...)Deshalb mag ich auch lieber die Szenen, wo nicht so viel anderes passiert", meint Tina Pepper mit einem Lachen.
Und was unterscheidet ihrer Meinung nach Filmmusik von der "ganz normalen" Klassik? "Der erste und wichtigste Unterschied ist eigentlich, dass FIlmmusik im Grunde immer einem Zwecke dient: sie soll dem Film etwas hinzufügen und eine bestimmte Funktion erfüllen. Das ist natürlich bei normaler klassischer Musik nicht der Fall", so die Filmkomponistin. Die Frage, ob es schwieriger sei, Filmmusik oder ein Klassikstück zu komponieren, hänge dabei immer davon ab, was man selber inspirierend finde. "Ich z.B. finde es total inspirierend zu Bildern zu arbeiten. Das ist eine Aufgabe für mich, die gut zu erfüllen ist. Andere Komponisten wollen eher keine Einschränkungen haben und eher frei komponieren können."
Und was die Zuhörer betrifft: manchmal kann Filmmusik auch eine Art "Einstiegsdroge" für die Klassik sein, gerade bei Konzerten mit Orchester wie "Klassik Radio live in Concert". Der Meinung ist auch Tina Pepper: "Das Erleben eines Live Orchesters ist so etwas richtig Emotionales. Was dann z.B. auch neugierig macht auf mehr: was kann denn so ein Orchester noch alles? Das könnte ein Weg sein, dass man Menschen von der Filmmusik zur Klassik kriegt." Probieren Sie es aus und nehmen Sie auch Ihre nicht-klassikaffinen Freunde und Familienmitglieder mit, zu "Klassik Radio live in Concert".
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