Oper kurz, knackig & lebendig - das bietet die Pocket Opera Company Nürnberg seit über 50 Jahren. Sie kürzt Opern-Klassiker auf eine Stunde und führt sie an ungewöhnlichen Orten auf: im Hallenbad, im Waschsalon oder auch in einem fahrenden Bus. Ihre Mission: auch Menschen für die Oper zu begeistern, die ihr eher skeptisch gegenüber stehen.
Angefangen hat alles vor etwas mehr als 50 Jahren im Opernhaus Nürnberg. Schon damals überlegten der Dirigent David Seaman und der Regisseur Peter B. Wyrsch, wie man die Oper nahbarer gestalten könnte. Die beiden gründeten die "Pocket Opera Company", mit dem Ziel, die Oper "unters Volk zu bringen".
Mittlerweile ist dieses Ziel mehrfach erreicht worden, mit zahlreichen mitreißenden Produktionen. Oft habe die ungewöhnliche Umgebung einen direkten Bezug zum Stück, erklärt der künstlerische Leiter, Franz Killer. So auch bei der Wagner-Produktion im Waschsalon: "Die Leute gehen da ja hin, um ihre Wäsche zu waschen, also wieder saubere Wäsche zu bekommen. Und wenn man jetzt dieses Werk betrachtet, das wir im Waschsalon aufführen, den "Fliegenden Holländer" von Wagner, dann geht es dabei ja auch um nichts anderes als eine Seelenwäsche". Neben dem Waschsalon hat die Pocket Opera Company fast jeden erdenklichen Ort bespielt, so Franz Killer: "Wir haben eine Oper im Hallenbad aufgeführt und ein Chor schwamm dann im Becken und die Solistin "ging" (mit einer Reifenkonstruktion) auf dem Wasser. Wir hatten auch eine Oper in einem fahrenden Bus oder haben den "Freischütz" von Carl Maria von Weber auf dem Nürnberger Volksfest aufgeführt." Auch in Heizkraftwerken, Müllanlagen oder einer Radrennbahn war die Pocket Opera Company schon.
Diese kreativen Orte machen natürlich neugierig - auch Menschen, die sonst nicht unbedingt interessiert an Oper sind. Hinzu kommt: bei der Pocket Opera Company muss sich niemand durch stundenlange Aufführungen quälen. Denn die Klassiker werden eingedampft auf eine Stunde. "Also gerade die Wagner-Opern dauern ja sehr lange und das hält die Leute ab, ins Opernhaus zu gehen. Daher sind viele dankbar, wenn sie in einer Stunde ein gesamtes Werk erleben können", erklärt Franz Killer.
Doch ist es nicht manchmal schwer, den voluminösen Stoff zu kürzen? "Das ist sehr unterschiedlich", erklärt Franz Killer. "Bei Richard Wagner ist es hochinteressant. Wagner ist sozusagen zeitlich und musikalisch sehr aufgebläht. Aber schaut man das genau an, so ist es auf bestimmte Personen reduziert bzw. fokussiert. Und wenn man sich auf diese Personen, wie z.B. beim "Fliegenden Holländer" auf den Holländer und die Senta konzentriert, dann bekommt man relativ schnell ein Ergebnis, das man als Kurzfassung anbieten kann (...)."Bei einigen Barockopern hingegen müsse man manchmal den Stoff "aufblühen" lassen und eher anreichern. "Das ist hier bei der Pocket Opera Company eine spannende Aufgabe: einerseits reduzieren, andererseits aber auch Neues hinzufügen", fasst Franz Killer zusammen.
Wie die Komponisten die Neuinterpretationen ihres Stoffes wohl selbst gefunden hätten? "Also ich weiß, dass Richard Wagner einen guten Humor hatte und (...) ich glaube, er würde darüber schmunzeln. Und das ist ja auch unser Ansinnen: dass das Publikum auch bei der Oper nicht nur "heulen" darf oder kann, sondern auch schmunzeln", meint Franz Killer. "Wir sehen uns als Brücke, dass Leute, die eher skeptisch gegenüber Oper sind, mit Oper in Berührung kommen und dann feststellen, wie schön Oper sein kann". Und das gelingt Deutschlands ältestem freien und mobilen Musiktheater auf jeden Fall. In seiner über 50-jährigen Geschichte hat es mit über 80 Produktionen mehr als 150000 Zuschauer jeden Alters begeistert, darunter echte Opernfans und Menschen, die ursprünglich nichts mit Opern anfangen konnten. Bald geht die Mission weiter - man darf gespannt auf die nächste Produktion sein.