Die Cancel Culture ist auch in der Klassikwelt ein Thema - gerade im Bezug auf Opern. Nun hat sich Maestro Riccardo Muti zu Wort gemeldet.
Er meint, es sei wichtig, dass die nachfolgenden Generationen wüssten, was in der Vergangenheit los war, im Guten wie im Schlechten. Riccardo Muti betonte in einem Interview mit der "Zeit": „Heute wissen wir, dass Diskriminierung, ob ethnisch oder sexuell, ein entsetzlicher Fehler ist. Aber wir müssen den jungen Leuten sagen: Schaut her, diese Fehler wurden damals gemacht, passt also auf, nicht in die gleiche Falle zu tappen.“
In dem konkreten Fall geht es um die Verdi-Oper „Ein Maskenball“. Diese handelt von einer wahre Geschichte – die Ermordung von König Gustav III. von Schweden. Die Mailänder Scala, die Metropolitan Opera New York und andere Häuser hatten darin einen Satz geändert, in dem das N-Wort genannt wurde. In der Ursprungshandlung sagt ihn ein weißer Oberrichter über eine schwarze Wahrsagerin. Bei einer Aufführung in Chicago im Juni hat Riccardo Muti diesen Satz aus dem ersten Akt aber beibehalten.
Riccardo Muti begründete das Beibehalten des Satzes , indem er meinte, die Äußerung sei ungeheurlich. Doch Verdi hätte ihn dem weißen Richter in den Mund gelegt und damit entlarvt und lächerlich gemacht. Zudem würden andere Protagonisten des Stücks die Wahrsagerin verteidigen. Muti meint, es sei wichtig, die Menschen wissen zu lassen, was geschrieben wurde und warum. Wenn man es ändere, mache man Giuseppe Verdi zu einem Rassisten. Mit dieser Begründung habe er auch den Tenor, der den Oberrichter in der Aufführung sang, überzeugt: den schwarzen Südafrikaner Lunga Eric Hallam. Er habe zu Muti gesagt, nach dieser Erklärung habe er nicht das geringste Problem damit, berichtet der Star-Dirigent.
(22.09.22/K.Jäger)