Ein Geiger im T-Shirt, der Vivaldi in die Popcharts katapultiert und Mozart mit Jimi Hendrix gleichsetzt – Nigel Kennedy ist alles, was die konservative Musikszene nicht erwartet. Doch hinter dem rebellischen Auftreten steckt eine unvergleichliche Leidenschaft für die Klassik, die Grenzen sprengt und Herzen gewinnt.
Wenn Nigel Kennedy die Bühne betritt, weiß das Publikum auf den ersten Blick, dass es keine gewöhnliche Klassikaufführung erwarten kann. Kein Frack, keine Krawatte, kein förmliches Nicken. Stattdessen ein schief sitzendes T-Shirt, eine Lederjacke, ein schalkhaftes Lächeln – und manchmal ein Haarschnitt, der eher zu einem Punkkonzert als zu einem Kammerorchester passt. Doch sobald sein Bogen die Saiten berührt, entfaltet sich Magie. Nigel Kennedy ist kein Geiger, er ist ein Phänomen. Ein Mann, der mit einer Violine in der Hand Mauern einreißt, die viele für unüberwindbar hielten.
1989 schockierte Kennedy die klassische Musikwelt – und katapultierte sie gleichzeitig in neue Sphären. Seine Aufnahme von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ verkaufte sich über zwei Millionen Mal, eine Zahl, die in der klassischen Musik nahezu unvorstellbar war. Doch es war nicht nur der Erfolg, der die Szene aufhorchen ließ. Es war Kennedys Interpretation: wild, ungestüm, pulsierend.
Traditionelle Klassikliebhaber rümpften die Nase. „Zu leidenschaftlich“, „zu modern“, „zu emotional“, hieß es. Aber das Publikum liebte ihn – und das war für Kennedy das Einzige, was zählte.
Kennedy machte Vivaldi zu einer Weltsensation, die nicht nur in Konzerthäusern, sondern auch in den Wohnzimmern von Menschen auf der ganzen Welt erklang.
Kennedys Exzentrik war nie nur ein Marketinggag – sie ist authentisch. Als Kind musikalischer Eltern wuchs er zwischen Klassik und Jazz auf, und diese Mischung prägte ihn. Schon früh stellte er fest, dass Musik für ihn keine Grenzen kennt.
„Mozart und Hendrix? Für mich sind das einfach zwei großartige Komponisten“, sagte Kennedy in einem Gespräch. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis er begann, diese Welten miteinander zu verweben. Er spielte in Rockclubs, arbeitete mit Kate Bush und Paul McCartney zusammen und machte Klassik zu einem Erlebnis, das auch junge Menschen faszinierte.
Sein äußeres Erscheinungsbild war immer ein Statement. Wo andere klassische Musiker in Frack und Fliege antraten, kam Kennedy in zerrissenen Jeans oder Lederjacke. Sein Auftreten war laut, frech und oft provokant. Und doch – oder vielleicht gerade deswegen – schaffte er es, Menschen für die Klassik zu begeistern, die sonst nie ein Konzert besucht hätten.Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund. Auf die Frage, was er von der traditionellen Klassikszene halte, antwortete er trocken: „Die Leute gehen dorthin, um sich wichtig zu fühlen. Ich gehe dorthin, um Spaß zu haben“.
Doch hinter all dem Klamauk und der Exzentrik steckt ein Musiker, der seine Kunst ernst nimmt. Kennedy liebt die Geige. Er spricht über sie, als wäre sie ein Teil seiner selbst. In jedem Ton, den er spielt, spürt man diese Leidenschaft.
Nigel Kennedy hat die klassische Musik nicht verändert – er hat sie entfesselt. Wo andere sich an Regeln hielten, brach er sie. Wo viele den Elfenbeinturm der Klassik verteidigten, riss er die Türen auf und ließ frische Luft hinein.
Er ist ein Künstler, der nie für das Establishment gespielt hat, sondern immer für die Menschen. Ein Punk in einer Welt der Perfektionisten. Und genau das macht ihn unsterblich. Denn eines ist sicher: Solange es Künstler wie Nigel Kennedy gibt, wird die Musik nie aufhören zu leben - und zu überraschen.
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