Was haben eine Stradivari, ein Guarneri und eine Bratsche aus dem 18. Jahrhundert gemeinsam? Sie alle gehören zu den teuersten Musikinstrumenten der Welt – mit Preisen, die selbst Luxusvillen in den Schatten stellen. Doch was macht diese Meisterwerke so wertvoll, und wer zahlt solche Summen? Hier lesen Sie die Geschichten hinter den fünf teuersten klassischen Instrumenten aller Zeiten.
Kunstsammler zahlen Millionen für Gemälde, Oldtimer oder Schmuckstücke, aber kaum ein Wertgegenstand wird so hoch gehandelt wie Musikinstrumente. Besonders in der Welt der klassischen Musik gibt es Instrumente, die derart selten und begehrt sind, dass sie bei Auktionen Preise erzielen, die jenseits aller Vorstellungskraft liegen. Gerade erst wurde in England eine Stradivari für beeindruckende 11,25 Millionen Euro versteigert – und doch ist sie längst nicht das teuerste Instrument, das jemals verkauft wurde. Warum sind diese historischen Stücke so wertvoll? Und wer zahlt solche Summen für Geigen, Bratschen und Flügel? Ein Blick auf die teuersten klassischen Instrumente aller Zeiten verrät faszinierende Geschichten über Handwerkskunst, berühmte Musiker und magische Klänge, den keine moderne Kopie jemals erreichen konnte.
Die "Lady Blunt" ist das vielleicht berühmteste Beispiel für den astronomischen Wert alter Meistergeigen. 2011 wurde sie für 15,9 Millionen Dollar versteigert und ist damit eine der teuersten Geigen der Welt. Ihr Name geht auf Lady Anne Blunt zurück, die Enkelin des Dichters Lord Byron, die dieses Meisterwerk einst besaß. Doch was macht gerade diese Geige so kostbar? Ihr nahezu makelloser Zustand. Während viele Stradivaris über Jahrhunderte intensiv gespielt wurden und dadurch klangliche und optische Veränderungen erlebten, ist die "Lady Blunt" so gut erhalten, dass sie fast aussieht, als sei sie gerade erst frisch aus Stradivaris Werkstatt gekommen. Sogar große Teile ihres originalen Lacks sind noch vorhanden, was sie zu einer echten Rarität macht.
Ebenfalls aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt die "Vieuxtemps" Guarneri del Gesù, die 2012 für etwa 16 Millionen Dollar verkauft wurde. Viele halten Stradivari für den größten Geigenbauer der Geschichte, doch Giuseppe Guarneri del Gesù war sein größter Rivale – auch in Sachen Qualität. Seine Geigen haben einen besonders kräftigen, dunklen Klang, den einige Solisten sogar dem von Stradivaris Instrumenten vorziehen. Die "Vieuxtemps", benannt nach dem belgischen Violinisten Henri Vieuxtemps, wurde im Laufe ihrer Geschichte von einigen der größten Geiger gespielt, darunter Yehudi Menuhin und Itzhak Perlman. Ihr Käufer, ein anonymer Investor, überließ sie der Geigerin Anne Akiko Meyers – auf Lebenszeit. Ihr außergewöhnlicher Zustand und ihr unvergleichlicher Klang machten sie zu einem der teuersten Streichinstrumente aller Zeiten.
Nicht nur Geigen können Millionen kosten. Ein weiteres Meisterwerk ist die "MacDonald" Stradivari-Bratsche, die auf einen Wert von über 20 Millionen Dollar geschätzt wird. Sie stammt aus Stradivaris "Goldener Periode" um 1719 und ist eine von nur zehn erhaltenen Stradivari-Bratschen weltweit. Besonders bekannt ist es für ihren warmen, kraftvollen Klang, den bereits berühmte Musiker wie Gregor Piatigorsky in Konzerten präsentierten. 2014 wurde sie bei Sotheby’s angeboten – mit einem Mindestgebot von 45 Millionen Dollar –, doch trotz des enormen Interesses fand sich kein Käufer. Dennoch bleibt die "MacDonald" eine der wertvollsten klassischen Instrumente überhaupt, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie einen neuen Besitzer findet.
Und so kommen wir zum Jahr 2025. Anfang Februar wurde eine weitere Stradivari für einen Rekordpreis versteigert: Die "Joachim-Ma"-Stradivari aus dem Jahr 1714 erzielte 11,25 Millionen Dollar. Diese Geige ist eng mit der Musikgeschichte verbunden, denn sie wurde einst von dem berühmten Geiger Joseph Joachim gespielt, der sie unter anderem bei der Uraufführung von Brahms’ Violinkonzert - welches er extra für den Violinistin und sein Instrument geschrieben hatte - einsetzte. Später war sie auch im Besitz anderer bedeutender Musiker und gilt als eines der klanglich herausragendsten Werke aus Stradivaris Werkstatt.
Verglichen mit diesen Summen scheint die "Lady Tennant" Stradivari aus dem Jahr 1699 fast bescheiden, denn sie wurde 2005 für "nur" 2 Millionen Dollar verkauft. Dennoch zählt sie zu den teuersten Instrumenten der Welt. Diese Geige ist eine der ältesten erhaltenen Stradivaris und zeichnet sich durch einen besonders warmen, volltönenden Klang aus. Ursprünglich gehörte sie dem schottischen Industriellen Charles Tennant, der sie seiner Frau schenkte.
Doch warum erreichen diese Instrumente solche Wahnsinnspreise? Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen steht die Handwerkskunst im Mittelpunkt – Antonio Stradivari und Guarneri del Gesù waren Meister ihres Fachs; ihre Bauweise gilt bis heute als unerreicht. Selbst modernste Technologien konnten ihre Instrumente nicht exakt reproduzieren. Eine Theorie besagt zudem, dass das Holz dieser Instrumente in einer klimatisch kälteren Periode gewachsen ist und dadurch eine besondere Dichte hat – ein möglicher Grund für den einzigartigen Klang. Hinzu kommt ihre Seltenheit: Viele dieser Instrumente sind über 300 Jahre alt und nur wenige Exemplare haben die Zeit unbeschadet überstanden. Auch deren historische Bedeutung spielt eine große Rolle: Eine Geige oder ein Cello mit einer Verbindung zu berühmten Musikern wie Paganini oder Menuhin wird nicht nur als Kunstwerk betrachtet – es wird zum klingenden Stück Musikgeschichte. All diese Faktoren machen diese Instrumente zu begehrten Sammlerstücken für die wohlhabende Sammler bereit sind, Rekordsummen zu zahlen.
Und nicht zuletzt spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Diese Instrumente sind nicht nur wertvolle Kulturgüter, sondern auch sichere Investitionen. Während Aktien schwanken und Immobilienmärkte einbrechen können, steigt der Wert einer Stradivari fast kontinuierlich. Deshalb greifen wohlhabende Sammler oder Investoren gerne zu, wenn eines dieser seltenen Stücke auf den Markt kommt – oft mit der Hoffnung, es später mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Die Stradivaris, Guarneris und Amatis dieser Welt sind mehr als nur Musikinstrumente – sie sind klingende Kunstwerke. Kein Wunder, dass sie, in ihrer kulturellen Bedeutung ungebrochen, uns auch nach Jahrhunderten noch faszinieren und Sammler, Spekulanten oder Historiker tief in den Geldbeutel greifen lassen. Denn welcher Klassikfan würde nicht gern selbst ein solches Stück gelebter Geschichte sein Eigen nennen?
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