Nach mehr als fünf Jahren ist es endlich soweit: Die Pariser Kathedrale Notre-Dame öffnete nach aufwändiger Restaurierung wieder ihre Türen. Es war eine Zeremonie voller Gänsehaut-Momente und das Wiedererwachen eines Symbols, das die Flammen fast verschlungen hätten. Denn Notre-Dame ist nicht nur ein Wahrzeichen der französischen Kultur, sondern auch ein Monument, das Menschen seit Jahrhunderten fasziniert sowie inspiriert – und nun erneut Geschichte schreibt.
Der 15. April 2019 war ein schwarzer Tag - nicht nur für Paris: Bilder des brennenden Dachstuhls, die sich wie ein Albtraum um die Welt verbreiteten, ließen Millionen erschüttert zurück. Der historische Spitzturm fiel, der Dachstuhl wurde ein Opfer der Flammen, doch die Grundstruktur blieb stehen – ein kleines Wunder. Damals versprach Präsident Emmanuel Macron eine Rekonstruktion „schöner als je zuvor“ in nur fünf Jahren. Dank der Arbeit von über 2.000 Fachleuten und der Unterstützung von 340.000 Spendern aus 150 Ländern ist dieses Versprechen nun eingelöst.
Dabei wurden alle Register gezogen. Man wälzte die Stadtarchive und nutzte sogar digitale Modelle der Kathedrale, die ursprünglich für das Videospiel Assassin's Creed Unity erstellt wurden – nur um Notre-Dame wieder in neuem „alten Glanz“ erstrahlen zu lassen.
Seit ihrer Fertigstellung im Jahr 1345 erhebt sich die ehrfurchtgebietende Silhouette der Kathedrale über die Seine-Insel – ein gotisches Monument sondergleichen. Mit ihren beeindruckenden Dimensionen, den filigranen Rosetten und den weltberühmten Wasserspeiern ist sie nicht nur ein Meisterwerk der Architektur, sondern auch tief in der Geschichte Frankreichs verwurzelt. Hier krönte sich Napoleon selbst zum Kaiser, hier hallten die Freiheitsrufe der Befreiung von Paris im Jahr 1944 wider.
Victor Hugo, der 1831 mit Der Glöckner von Notre-Dame der Kathedrale ein literarisches Denkmal schuf, schrieb nicht nur über Quasimodo und Esmeralda. Er schrieb über ein Bauwerk, das bereits zu seiner Zeit zu verfallen drohte. Sein Roman rief eine Welle der Restaurierungsbewegungen hervor und half, Notre-Dame zu retten. Heute, fast 200 Jahre später, wirkt Hugos Appell zur Erhaltung der Notre-Dame aktueller denn je.
Die Eröffnungszeremonie begann am Abend des 7. Dezembers mit einem feierlichen Einzug durch die Hauptpforte. Erzbischof Laurent Ulrich klopfte dreimal symbolisch mit seinem Bischofsstab an das große Portal, bevor er, begleitet von 160 Feuerwehrleuten – jenen Helden, die 2019 unermüdlich gegen die Flammen kämpften – die Kathedrale betrat. Unter tosendem Applaus projizierten die Organisatoren das Wort „Danke“ in mehreren Sprachen auf die wieder strahlende Fassade.
Der Höhepunkt des Abends war zweifellos das Klassikkonzert, das im Hauptschiff der Kathedrale stattfand. Superstar Lang Lang eröffnete das Programm mit einer atemberaubenden Interpretation von Bachs Goldberg-Variationen. Neben ihm traten weitere hochkarätige Künstler auf: Yo-Yo Ma bewegte das Publikum mit Saint-Saëns’ Schwan, während Benjamin Bernheim, einer der gefeiertsten Tenöre unserer Zeit, das Panis Angelicus von César Franck mit unvergleichlicher Wärme interpretierte. Die Streicherklänge von Gautier Capuçon ergänzten das musikalische Programm, das in Mozarts Requiem seinen erhabenen Abschluss fand.
Ein weiteres großes Highlight war die Segnung der Orgel. Die 8.000 Pfeifen des Instruments von Aristide Cavaillé-Coll, das den Brand wie durch ein Wunder unversehrt überstanden hatte, wurden in jahrelanger Feinarbeit gereinigt und neu gestimmt. Olivier Latry, seit fast 40 Jahren Titularorganist – ein Ehrentitel für besonders virtuose Orgelspieler – der Kathedrale, brachte sie mit einer ergreifenden Improvisation zum Leben. Erzbischof Ulrich weihte die Orgel in einem Ritual, bei dem jeder der vier Titularorganisten sie mit kurzen Improvisationen spielte. Die veränderte Akustik, die nun sanftere, wellenförmige Klangbilder erlaubt, wurde von den Anwesenden in Ehrfurcht bewundert.
Am Ende der Feierlichkeiten läuteten die Glocken von Notre-Dame zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder. Ihr Klang hallte über die Seine und verbreitete die frohe Botschaft, dass die wohl berühmteste Kathedrale der Welt nun heller, strahlender und majestätischer als je zuvor wieder Millionen von Menschen aus aller Welt willkommen heißen wird.
Notre-Dame ist mehr als „nur“ ein Gebäude – sie ist eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Wiederaufbau und die berührende Eröffnungszeremonie, die wir dem unermüdlichen Einsatz tausender Menschen zu verdanken haben, sind ein Beweis dafür, dass selbst tiefe Wunden heilen können, wenn wir nur zusammenhelfen. Wie Victor Hugo einst schrieb: „Die Kathedrale ist ein großer und gewaltiger Gedanke, in Stein gemeißelt.“
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