Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Ich bin noch ein großer Fan des schönen gebundenen Werks.
Alexandra Berger
Diese Geschichte gehört in jeden Bücherschrank, auch wenn man sie sich heutzutage wahrscheinlich in digitaler Form auf einem separaten Speicher heruntergeladen hat. Ich persönlich bin allerdings immer noch ein großer Fan des schönen gebundenen Werkes. Mit Seiten die man umblättert, etwas in der Hand hält und nicht zuletzt der Geruch des Papiers. Ich finde das ist mit nichts zu vergleichen.
Es geht um ein Werk, das der Autor Thomas Mann, damals im Alter von 22 Jahren geschrieben hatte. Mit einem sehr klaren, scharfen und tiefsinnigen Blick für das Wesentliche.
Die Geschichte einer Lübecker Kaufmannsfamilie zwischen 1835 bis 1877. Es wirkt, auf den ersten Blick zumindest wie die pure Idylle. Eine Bilderbuchfamilie die zumindest nach außen hin perfekt funktioniert. Aber wie heißt es so schön „unter jedem Dach ein Ach“.
Im Verlauf der Geschichte bröckelt die aufgebaute Fassade allmählich. Nicht nur aus „unternehmerischer Sicht“ auch innerhalb der Familie. Ehen zerbrechen, wohlgemerkt Ehen, die nicht unbedingt aus Liebe geschlossen wurden, sondern vielmehr aus wirtschaftlicher Sicht. Reine Vernunftsehen.
Ein familiäres Scheitern ist vorprogrammiert. Teils psychisch und physisch und nicht zuletzt ökonomisch. Dabei war man doch „nur“ auf der Suche nach innerem Halt, nach Erfüllung von Bedürfnissen. Die man an sich stellt und die man von außen gestellt bekommt.
Manchmal hat man den Eindruck, es wäre fast eine Autobiographie von Thomas Mann gewesen. In gewisser Weise vielleicht. Allerdings ist dieses Meisterwerk so viel mehr. Zu Recht bekam Thomas Mann 1929 dafür den Nobelpreis für Literatur. Ein philosophischer Essay, ein Familien- und Gesellschaftsroman in einer historischen Epoche.
Dieses Buch ist zeitlos, man kann diese Geschichte immer und immer wieder lesen und sie passt jedes Mal anders, aber sie passt. Ein großes Stück Literaturgeschichte.
Beste Grüße,
Ihre Alexandra Berger