Von Geld- und Medizinspenden bis hin zur Vermittlung musikalischer Unterkünfte: im Namen der Musik finden Helfer und Geflüchtete zueinander.
Aktuell werden wir Zeugen gelebter Solidarität – jeder engagiert sich auf seine Weise für die Menschen in der Ukraine. Das gilt auch für die Kultur: So setzt sich z.B. auch der Deutsche Musikrat für Musizierende in der Ukraine ein und dass in vielerlei Hinsicht, wie Generaldirektor, Professor Christian Höpper, erklärt: "Der Deutsche Musikrat bündelt und aktualisiert auf seiner Website Solidaritätsaktionen aus dem Musikleben, wie etwa Benefizkonzerte, Stellungnahmen, Petitionen und Spendenmöglichkeiten. Uns erreichen auch zunehmend Hilfsangebote von Privatpersonen, die sich speziell an ukrainische Musiker*innen richten. Hier vermitteln wir an die zuständigen Stellen."
Außerdem werde in vielen Hintergrundgesprächen überlegt, wie die Kulturschaffeneden aus der Ukraine in die hier bestehende Kulturszene in Verbindung gebracht werden können. Zugleich ginge es darum, die kulturellen Traditionen der Ukraine zu bewahren und zu stärken. Schließlich werde gerade sehr viel Kulturgut zerstört und ginge verloren. In diesem Kontext ist Professor Höppner noch ein anderer Aspekt sehr wichtig: "Auf keinen Fall dürfen alle russischen Künster*innen und die jahrhundertalte Kulturgeschichte Russlands nun pauschal wegen des Kriegstreibens von Putin in Geiselhaft genommen werden."
Musik vereint alle friedliebenden Menschen: ob in der Ukraine, in Russland oder anderswo. Auf diese verbindungsstiftende Kraft von Musik müssen wir uns gerade in diesen schweren Tagen mehr denn je besinnen.
Ein wichtiger Denkanstoß – gerade jetzt, wo einige Konzertanbieter und Institutionen russische Komponisten wie z.B. Tschaikowsky und russische Musizierende pauschal aus ihren Programmen streichen.
Das Bundesjugendorchester, das Teil des Deutschen Musikrates ist, hat einen ganz besonderen Draht zur Ukraine: denn es hat geholfen, das Jugendsinfonieorchester der Ukraine aufzubauen und steht seitdem in ständigem Austausch mit dem Partner. Jetzt werden diese Strukturen genutzt, um verschiedene Hilfen anzubieten: finanziell, medizinisch und bei der Unterkunftsvermittlung.
Ein starker Fokus liegt dabei laut Orchesterdirektor Sönke Lentz auf Geldspenden für die Mitglieder des Jugendsinfonieorchesters und ihre Familien: "Es muss die Flucht ermöglicht werden. Die meisten Jugendlichen des Orchesters sind jetzt unterwegs Richtung Westen. Aber auch die musikalische Arbeit soll erhalten bleiben, d.h. dort wo es noch geht, soll Unterricht ermöglicht werden, sollen Instrumente vielleicht neu beschafft werden. Es gibt auch vieles, das zerstört wurde, z.B. das Konservatorium in Charkiw. Außerdem sind alle öffentlichen ukrainischen Gelder umgewidmet worden und stehen dem Orchester nicht mehr zur Verfügung."
Zum Glück ist die Bereitschaft zu spenden groß: Privatpersonen haben innerhalb von zwei Wochen an die Stiftung Bundesjugendorchester über 30.000 Euro gespendet. Eine Firmenspende des langjährigen Sponsors des BJO, der DekaBank in Höhe von 50.000.- Euro ist zugesagt. Die Kornberg Academy wird die Erlöse eines Benefizkonzertes mit Steven Isserlis beisteuern.
Neben finanziellen werden auch Medikamentenspenden- und produkte gesammelt, sortiert und über die Logistikketten des ukrainischen Sinfonieorchesters in die Ukraine transportiert. Diese Arbeit machen die Mitarbeiter des Deutschen Musikrates in der Region Köln/Bonn ehrenamtlich.
Der dritte Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung von Unterkünften für geflüchtete Musikerinnen und Musiker in musikalische Haushalte, um Übe-Möglichkeiten, Instrumentennutzung (z.B. Klavier/Flügel) und Unterricht zu ermöglichen. Denn das Musikmachen erweist sich als enorm wichtig für das psychische Gleichgewicht Geflüchteter.
Dabei gibt es schon erste Erfolgserlebnisse: Eine Klavierstudentin aus Charkiw, floh mit ihrer Familie nach Berlin. Dort angekommen, wussten sie nicht wohin. Eine musikbegeisterte Familie gabelte sie auf - doch hatte leider nur temporär Platz. Mittlerweile ist die Studentin nach Memmingen im Allgäu vermittelt worden - zu einer Familie von Musiklehrern. Sie hat dort mit ihrer Familie eine Einliegerwohnung, einen Musikraum mit Flügel und die Musiklehrer haben sich verpflichtet, sie weiterhin zu unterrichten. So kann die Nachwuchsmusikerin nun ihren Ausbildungsstand halten und ggf. sogar weiterentwickeln. Ein Lichtblick in dieser sonst so trostlosen Situation.
Derzeit gibt es mehr Wohnungsangebote als Suchende. Denn das Nationale Jugendorchester Sloweniens hat ein Evacuation Camp eingerichtet, in dem Musizierende mit ihren Familien aufgenommen werden können. "Es ist sinnvoll, möglichst viele Musikerinnen und Musiker unter einem Dach zusammenzubringen damit die sinnstiftende musikalische Arbeit fortgeführt werden kann. Deswegen konzentriert sich der Deutsche Musikrat auf Spendensammlung um diese Initiative zu stützen. Darüber hinaus wird der Deutsche Musikrat Lehrer*innen und Dozent*innen zu dem Camp vermitteln", so Sönke Lentz.
Wichtig ist ihm auch, zu betonen, wie viele Partner aus Kultur und Wirtschaft das Bundesjugendorchester unterstützen: z.B. die DekaBank, die Berliner Philharmonikern, die Kornberg Academy, das Beethovenfest Bonn, die Kölner Philharmonie, die Deutschen Orchestervereinigung, der Verein „Orchester des Wandels“, die European Federation of National Youth Orchestras (EFNYO) oder das Berliner Festival Young Euro Classic.
Bundesweit hat nun auch Staatskulturministerin Claudia Roth eine "Task Force" gebildet, um die Hilfe für ukrainische Kunstschaffende besser zu koordinieren und z.B. Doppelstrukturen zu verhindern. Auch der Deutsche Musikrat ist Teil davon.
Musik und Kultur verbinden - auch in unruhigen Zeiten.