Es gibt wohl kaum ein Werk, das so untrennbar mit der Magie von Weihnachten verbunden ist wie Peter Tschaikowskys „Der Nussknacker“. Dieses Ballett, voller Fantasie, ist ein Klassiker, der jedes Jahr aufs Neue Herzen verzaubert – nicht nur in Theatern, sondern auch in Filmadaptionen und Werbespots. Doch was macht dieses Stück so besonders, und warum gehört es zu den Feiertagen wie Plätzchen und Glühwein?
Die Handlung beginnt in einem prachtvollen Salon an Heiligabend. Es ist eine rauschende Weihnachtsfeier, bei der Kinder und Erwachsene gleichermaßen auf die Ankunft des Christkinds warten. Im Mittelpunkt steht Clara, die von ihrem Patenonkel einen hölzernen Nussknacker geschenkt bekommt. Noch in derselben Nacht erwacht diese kleine Figur zu magischem Leben, und Clara wird in eine fantastische Welt voller Wunder katapultiert. Doch die Reise ist nicht ohne Gefahr, denn eine Armee von Mäusen und deren finsterer König stellen sich ihr und dem tapferen Nussknacker in den Weg. Es folgt eine dramatische Schlacht, in der letztlich Mut und Freundschaft triumphieren. Clara und der Nussknacker reisen weiter in ein zauberhaftes Königreich der Süßigkeiten, wo die Zuckerfee und andere Bewohner einen Reigen an Tänzen aufführen – eine wahre Ode an die Fantasie.
Die Musik, die all diese Bilder zum Leben erweckt, stammt von niemand Geringerem als Peter Tschaikowsky. Doch das Stück hatte keinen leichten Start. Der Komponist selbst war skeptisch, als er 1892 vom Mariinski-Theater in St. Petersburg den Auftrag erhielt, ein Ballett zu komponieren. Tschaikowsky hielt die Handlung zunächst für zu kindlich und zu fragmentiert. Doch als er begann, mit den musikalischen Motiven zu experimentieren, entdeckte er das Potenzial, mit seiner Musik eine völlig neue Ebene der Magie zu erschaffen. Er kombinierte leichte, tänzerische Melodien mit orchestraler Opulenz und setzte auch ungewöhnliche Instrumente ein: Der Komponist experimentierte mit einer Celesta, einem sphärischen, ja beinahe himmlisch klingenden Tasteninstrument, das er erst kurz zuvor in Paris entdeckt hatte. Ursprünglich war sie sogar so neu, dass Tschaikowsky sie heimlich in Paris kaufte, um sie vor anderen Komponisten zu verbergen. Besonders der „Tanz der Zuckerfee“ machte die Celesta weltberühmt. Und hier hören die Innovationen nicht auf: Das Ballett selbst, choreografiert von Lew Iwanow, enthält eine seltene Vokalise im „Schneeflocken-Walzer“, bei der ein unsichtbarer Chor singt. Vielleicht war das dann doch etwas zu viel des Guten für das damalige Publikum: Die Uraufführung wurde seinerzeit nur mäßig aufgenommen – und es sollte einige Jahre dauern, bis die Innovation und der märchenhafte Charakter des Werks ihre verdiente Würdigung erhielten.
Heute ist „Der Nussknacker“ ein Synonym für Weihnachten. Aber wie kam es dazu? Ein Grund dafür liegt in der universellen Bildsprache: die Weihnachtsbäume, die Feierlichkeiten, die kindliche Neugier – all das resoniert stark mit dem Geist der Feiertage. Zudem wurde das Ballett durch Inszenierungen in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg populär, als es zunehmend zur Tradition wurde, das Stück in der Weihnachtszeit aufzuführen. Besonders die Amerikaner verliehen dem Werk seinen Status als Feiertagsklassiker, und von dort aus eroberte der Nussknacker die ganze Welt. Heute ist es kaum vorstellbar, dass das Fest der Feste ohne den „Blumenwalzer“ oder den „Tanz der Zuckerfee“ gefeiert wird – Stücke, die selbst für Menschen, die nie ein Ballett gesehen haben, unverkennbar sind.
Doch es gibt auch weniger bekannte Facetten dieses Meisterwerks: Ursprünglich basiert die Geschichte auf der Novelle „Nußknacker und Mausekönig“ von E.T.A. Hoffmann, die wesentlich düsterer und bedrohlicher als die farbenfrohe Ballettadaption geschrieben ist. Auch wurde Tschaikowsky von einem kuriosen Wettbewerb mit seinem Bruder Modest zu dem Ballett inspiriert: Er sollte innerhalb kürzester Zeit ein Stück schreiben, das den Klang bestimmter Gegenstände – darunter auch ein Kinderspielzeug – einfängt. Diese spielerische Herausforderung führte zu einigen der prägnantesten Passagen in der Partitur.
Heute ist „Der Nussknacker“ mehr als nur ein Ballett; es ist eine Reise in eine fantastische Welt, in der alles möglich zu sein scheint. Es bringt Generationen zusammen und inspirierte unzählige Künstler. So ist und bleibt der Nussknacker ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit – ein Märchen, das nie an Zauber verliert.