Er weiß immer, wo die besten Filme laufen - Filmexperte Florian Schmidt. Für Ihr Wochenende hat er seine Filmtipps für Sie zusammengefasst.
„Das hätte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken können“. Sagt man ja gerne, wenn wahre Begebenheiten verfilmt werden. Wir bekommen es aktuell gleich mit zwei unglaublichen Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit - und mit einer musikalisch besonders interessanten.
Ein deutscher Doku-Thriller beschäftigt sich mit dem größten Banken-Skandal der Wirtschaftsgeschichte. Es geht um Bilanzbetrug in gigantischem Ausmaß: 1,9 Milliarden Euro Guthaben gab es nur in den Büchern, aber nicht auf den Konten. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit bis zur Verfilmung; dass es nun aber so schnell ging, hätte man vielleicht dann doch nicht gedacht, denn der Film von Produzent Nico Hofmann wurde nur neun Monate nach dem Crash fertiggestellt und noch vor Abschluss der Bundestagsuntersuchung und vor dem Strafprozess.
„Der große Fake – Die Wirecard-Story“ heißt der 90-minütige Film, der interessante Einblicke in das wohl spektakulärste Wirtschaftsverbrechen der jüngeren Vergangenheit gibt und dabei Spielfilmszenen mit Dokumentarischem verbindet.
Und da sind wir auch schon bei der Besetzung: zwei großartige Schauspieler, die ich sehr schätze: Christoph Maria Herbst und Franz Hartwig; aber gerade Herbst nimmt man den Bösewicht nicht so recht ab. Wie der ganze Film sich leider nicht so ganz entscheiden kann zwischen informativer Doku und fiktionalem Thriller. „Der große Fake“ ist jetzt bei TVNow zu sehen und am 22. April bei RTL.
Bleiben wir noch ein bisschen bei eigentlich unfassbaren Geschehnissen aus der jüngsten Vergangenheiten, denn es gibt auch einen Fernsehfilm über die Hintergründe des britischen EU-Austritts. Und in dem spielt der „Sherlock“-Star Benedict Cumberbatch die Hauptrolle, nämlich den umstrittenen Politikberater Dominic Cummings, der die Brexit-Kampagne leitete.
„Brexit – Chronik eines Abschieds“ heißt das britische Polit-Drama des Senders „Channel 4“, das jetzt in der ARD Mediathek zu sehen ist, und das zeigt, wie Cummings bei der Volksabstimmung in Großbritannien 2016 eine erhebliche Zahl bisheriger Nichtwähler für ein Ja zum EU-Austritt gewinnen konnte.
„Brexit – The Uncivil War“, so der Original-Titel, ist vor allem ein Film den Brexit-Bereiter Cummings, über Strategen und große Egos und schon wegen des mal wieder herrlich abgründig spielenden Cumberbatch in der Rolle des manischen Masterminds sehenswert.
Selten kommt ein Dokumentarfilm den Protagonisten so nah wie dieser. Das liegt daran, dass die Regisseurin sich und ihren Mann selbst gefilmt hat, für die Doku „Szenen meiner Ehe“. Mit der Handykamera zeichnet die Filmemacherin Katrin Schlösser drei Jahre lang auf, was sie und ihren Mann, den österreichischen Schriftsteller Lukas Lessing, bewegt: Die Stimmungen, die Fragen, das Glück, die Zweifel, das Intime und das Alltägliche.
„Szenen meiner Ehe“ ist mutig und schonungslos, denn er zeigt nicht nur die Sonnenseiten des Lebens, die schönen Momente einer zwischenmenschlichen Beziehung. Er dokumentiert auch die Abgründe, die Verzweiflung, Wut und Trauer, die genauso zu unserem Alltag (auch dem Ehealltag) dazugehören. Und insofern bietet diese intime sehenswerte Doku eine regelrechte Gefühlsachterbahn. Zu sehen ist Katrin Schlössers Dokumentarfilm „Szenen meiner Ehe“ exklusiv bei Kino on Demand.
Haben Sie schon mal von dieser Frau gehört? Antonia Brico ist die erste Dirigentin der Welt. 1930 debütierte sie als Dirigentin der Berliner Philharmoniker und gründete später ein Frauensinfonieorchester in New York. 1938 dirigierte die Niederländerin als erste Frau das New York Philharmonic Orchestra. Überall auf der Welt gastierte sie und ebnete einer weiteren Generation an Frauen den Weg. Regisseurin Maria Peters war so fasziniert von Bricos Geschichte, dass sie ihr Leben zum Film gemacht und danach sogar noch einen Roman zum Film geschrieben hat.
„Die Dirigentin“ ist ein packendes Biopic von unbestreitbarer gesellschaftlicher Relevanz, denn auch heute ist die Musik- und Kulturindustrie weitestgehend Männer-dominiert, wie gerade wieder eine aktuelle Studie gezeigt hat (über die wir hier berichtet haben) und eine Frau am Pult bleibt eine Ausnahmeerscheinung. Außerdem ist der Film wunderbar ausgestattet, unterhaltsam inszeniert und enthält eine Mut machende Botschaft: Musik und Talent haben nichts mit Geschlecht zu tun. Zu sehen ist „Die Dirigentin“ in der ARD Mediathek.
Vor kurzem ist Angelica Domröse 80 geworden; sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat gratuliert. Die Theater- und Filmschauspielerin ist vor allem berühmt geworden durch Heiner Carows Film "Die Legende von Paul und Paula" von 1973.
Darin spielt Domröse eine junge alleinerziehende Mutter in Ost-Berlin auf der Suche nach der großen Liebe. Der Film basiert auf Ulrich Plenzdorfs gleichnamiger Romanvorlage, machte sie über die Grenzen der DDR hinaus berühmt und wurde sogar von Angela Merkel bei einer Filmvorführung 2013 als deren Lieblingsfilm vorgestellt. „Die Legende von Paul und Paula“ ist jetzt in der ARD Mediathek zu sehen.